Projekt "Beiträge zur Reduktion des Pestizideinsatzes"
Start: Januar 2017

Der weitverbreitete Einsatz von Pestiziden auf landwirtschaftlichen Flächen, in Privatgärten und auf öffentlichen Flächen ist wesentlich dafür mitverantwortlich, dass die biologische Vielfalt drastisch abgenommen hat und sich zudem die Anzahl Individuen der einzelnen Arten deutlich verringert hat. Dennoch sind chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel Stoffe, die in immer größeren Mengen eingesetzt werden. Die Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt sind besorgniserregend. Pestizide gelangen in Oberflächengewässer, aber auch unser Grund- und Trinkwasser und wir verzehren sie über unsere Lebensmittel. Die Agrarchemikalien schädigen aber auch Wildpflanzen, Bienen, Frösche, Fische, Vögel und weitere Lebewesen. Der Zustand unserer Kulturlandschaft ist wesentlich davon abhängig, wieviel Pestizide und welche eingesetzt werden. Daher würde auch eine nur geringe Reduzierung des Pestizid-Einsatzes einen erheblichen positiven Effekt auf die biologische Vielfalt und die Anzahl der Individuen in Schleswig-Holstein bewirken.

Die NaturFreunde Schleswig-Holstein planen folgende Aktivitäten:

(1) Gründung eines Bündnisses „Pestizidarmes Schleswig-Holstein“ in Form eines „Runden Tisches“ mit relevanten Akteuren wie Umwelt- und Naturschutzorganisationen, kommunalen Spitzenverbänden und einzelnen Gemeinden, kommunalen Unternehmen wie Wasserwerken, Kleingärtnern, Imkern, Verbraucherschützern, Land-und Forstwirten, Gartenbaubetrieben, Wissenschaft wie Universität und Unternehmen wie Baumärkten.

Ziele des Bündnisses sind eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Aufklärung über die Notwendigkeit und Möglichkeiten der Reduzierung des Pestizideinsatzes, Zusammenführung des fachlichen Sachverstands, Darstellung und Verbreitung von „best practise“, Erarbeitung und Herausgabe von Tipps zur Pestizid-Reduzierung für unterschiedliche Akteure. Hierbei soll auf das bundesweit verfügbare Material zurückgegriffen werden, zugleich aber die für Schleswig-Holstein spezifischen Möglichkeiten und Probleme Berücksichtigung finden. Wie andere „Runde Tische“ zeigen, kann hiermit eine breite Wirksamkeit entfaltet werden.

(2) Erarbeitung von Vorschlägen zur Reduzierung des Pestizid-Einsatzes, z. B. für das Landesprogramm ländlicher Raum und für die sogenannte „gute fachliche Praxis“ der Landbewirtschaftung. Das jüngst novellierte Landesnaturschutzgesetz ermöglicht es ausdrücklich, auf dem Verordnungswege (per Erlass) die „gute fachliche Praxis“ zu konkretisieren und dadurch an die Erfordernisse und Möglichkeiten einer pestizid-reduzierten Landbewirtschaftung sowie an den Stand von Wissenschaft und Forschung anzupassen. Vorschläge hierzu sollen erarbeitet, am „Runden Tisch“ diskutiert und in die gesellschaftliche und politische Diskussion eingebracht werden.

(3) Ansprache von Kommunen mit dem Ziel der Erstellung einer örtlichen Mustersatzung, Erstellung von Leitlinien für Mitarbeiter der Bauhöfe und zur Pflege der öffentlichen Grünflächen. Im kommunalen Bereich bestehen weiterhin Handlungsmöglichkeiten zur Pestizid-Reduzierung. Zwar sollten grundsätzlich auf öffentlichen Flächen keine Pestizide verwandt werden, doch in der Praxis bestehen in der Umsetzung noch Defizite, so in der Mitarbeiterschulung und der Kenntnisse über die Verwendung von Alternativen oder einfach einem Verzicht. „Best practice“ Beispiele sollen von der Durchführbarkeit überzeugen. Auch über Satzungen könnten weiterer Bereiche geregelt werden, kommunale Unternehmen einbezogen werden. Dies gilt auch für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, bei denen dieser Punkt als Zuschlags- oder Ausschlusskriterium einbezogen werden könnte.

Eine Abfrage bei den Unteren Naturschutzbehörden nach Kontrollen im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln (Landwirtschaft, Baumschulen, Hausgärten, Kommune) soll in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden erfolgen. Das Thema Pestizide soll in deren Gremien behandelt werden, die Bereitschaft hierzu ist schon vom Schleswig-Holsteinischen Landkreistag erklärt worden, der die Pestizid-Anwendung im seinem zuständigen Bau- und Umweltausschuss thematisieren würde. Weitere Ansprechpartner sind kommunale Verbände wie Zweckverbände und einzelne Kommunen. Besonderes Interesse an einer Pestizid-Reduzierung haben naturgemäß die Wasserversorger, deren schleswig-holsteinischer Dachverband bereits vor einigen Jahren eine öffentliche Aufklärungskampagne anregte. Hier müsste auch die Erweiterung von bestehenden Wasserschutzgebieten und die Ausweisung weiterer wieder auf die Agenda kommen.

(4) Zielgruppe Privatgärten: In privaten Gärten besteht nur in extremen Ausnahmefällen die Notwendigkeit, Pestizide einzusetzen. Leider ist dieses aus Gründen der Bequemlichkeit immer noch weit verbreitet. Dies obwohl inzwischen zahlreiche Alternativen angeboten werden

Die Durchführung einer Umfrage unter privaten Gartenbesitzern/ Hausgärten und Kleingärten zum Einsatz von Pestiziden (Überprüfung von Motiven und ggf. Fehlanwendungen) könnte dies aktuell bestätigen und einen Anlass für das Aufzeigen akuten Handlungsbedarfs bieten. Vorhandene Materialien könnten hierzu verwandt werden, indem sie auf die Ergebnisse der Umfrage Bezug nehmen und auf die spezielle Situation in Schleswig-Holstein eingehen. Eine Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen, Kleingärtnern und Imkern (Der Verein „De Immen“ hat großes Interesse an dem Thema) würde sich anbieten. Es könnten auch Bau- und Fachmärkte einbezogen werden, die die Produkte von Gartenbaubetrieben, die bereits heute ohne die Verwendung von Pestiziden arbeiten, besonders hervorheben. So hat sich z. B. bereits die Firma Bartels/ Langness (Citti-Märkte, Familia) in der Vergangenheit offen die Präsentation ökologischer Produkte gezeigt, entsprechende Gespräche sollten unbedingt geführt werden.

(5) Erarbeitung einer allgemeinverständlichen, aber umfassenden Broschüre über Pestizide, unter besonderer Berücksichtigung des Einsatzes und der Bedingungen in Schleswig-Holstein. Wir möchten Möglichkeiten zur Verringerung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und Alternativen aufzeigen. Wir wollen eine allgemeinverständliche Gesamtdarstellung zusammentragen. Eine umfassende Darstellung aus Sicht einer unabhängigen Umwelt- und Naturschutzorganisation in Schleswig-Holstein mit Beiträgen von hiesigen gesellschaftlichen Gruppen mit ihren Erfahrungen aus aus dem Agrarland Schleswig-Holstein existiert nicht. Wie eine aktuelle Such-Anfrage per „Google“ zeigt, sind außer Äußerungen von Umweltminister Robert Habeck nur eine Stellungnahme der Naturfreunde (Platz 6 der Liste nach Äußerungen von Habeck) bekannt (siehe.Screenshot zu Pestizide Schleswig-Holstein):

Eine neue Darstellung zu Pestiziden erscheint uns auch aufgrund der jüngsten Geschehnisse um die noch ausstehende Neuzulassung des Breitbandherbizids Glyphosat, neuen Erkenntnissen zu Nicotinoiden, zu Kosten des Pflanzenschutzmittel-Einsatzes, zur Pestizid-Abdrift (erstmals wurde durch eine Fernverwehungsstudie belegt, dass Pestizid-Wirkstoffe über weite Strecken verfrachtet werden können und die Ernte sowohl von Bio-Bauern als auch von konventionellen Landwirten verunreinigen) und einer Besteuerung von Pestiziden angezeigt, um den begonnen gesellschaftlichen Dialog fortzusetzen.

(5) Vorträge, Veranstaltungen und Exkursionen

(6) Eine landesweite Tagung/ öffentliche Veranstaltung

(7) Aufbau einer Homepage-Seite

In Schleswig-Holstein wie in der gesamten Bundesrepublik gelangen zu viele chemisch-synthetische Pflanzenbehandlungsmittel in die Umwelt. Mängel bei der Pestizid-Anwendung hatte das Umweltbundesamt schon vor Jahren festgestellt. Bei verdeckten Feldbeobachtungen wurde 50 Prozent Fehlanwendungen festgestellt. Auch Mehrfachapplikationen während einer Vegetationsperiode, die so nicht durch die Zulassung abgedeckt wurden, stellt das Amt fest. Insgesamt jedoch gibt es kaum Kontrollen. Mit über 70 Prozent landwirtschaftlich bewirtschafteter Fläche an der Landfläche , einem aufgrund hochproduktiver Böden besonders hohen Anteil an Intensiv-Landwirtschaft und lediglich unter vier Prozent ökologisch bewirtschafteter Agrarfläche ist Schleswig-Holstein jedoch besonders stark vom Pestizid-Einsatz betroffen. Aber auch die Forstwirtschaft, Baumschulen, Kommunen und Privatpersonen setzen sie viel zu oft unnötig ein. Darauf wollen wir Politik und Anwender aufmerksam machen und in Kooperation mit gesellschaftlich relevanten Akteuren Möglichkeiten zur Verringerung aufzeigen.

 

Ansprechpartnerin:
Dipl. Biol. Angelika Elak
angelika.elak@naturfreunde-sh.de