Arzneimittelrückstände - Mitverursacher Tierhaltung

Haltungsbedingungen, Zuchtziele und Hygiene sind entscheidend

In der Tiermedizin sind rund 600 Wirkstoffe zugelassen. Der Großteil an verabreichten Tierarzneimitteln sind Antibiotika. Aus Angaben von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern ist bekannt, dass in 2017 rund 730 Tonnen Antibiotika-Wirkstoffe abgegeben wurden. Viele der Wirkstoffe der Tiermedizin werden auch in der Humanmedizin verwendet. Obwohl Tierärzte die Medikamentenabgabe in Form von Arzneimittelanwendungs- und -abgabebelegen bereits seit vielen Jahren dokumentieren und Landwirte die Behandlungen in ihre Stallbücher eintragen müssen, sind verlässliche Zahlen zu Anwendungsmengen von Tierarzneimitteln nicht erhältlich, da die auf den Betrieben erhobenen Daten nicht zusammengeführt werden. 

Studien belegen längst einen Zusammenhang zwischen intensiver Tierhaltung und Umweltbelastungen durch die hier eingesetzten Medikamente. So lassen sich pharmazeutische Substanzen in Gewässerproben nachweisen, die insbesondere in der Schweine-, Rinder- oder Geflügelproduktion zur Anwendung kommen. Und so wurden bereits antimikrobielle Wirkstoffe aus der Gruppe der Sulfonamide, an jeder zehnten hierauf untersuchten Grundwassermessstelle ermittelt. 

Arzneimittel-Wirkstoffe aus der Tierhaltung gelangen überwiegend über die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern - vor allem Gülle - in die Umwelt. Sie können bei Regen durch Oberflächenabfluss in Gewässer eingetragen werden oder nach Bodenpassage direkt in das Grundwasser gelangen. Das Ausmaß der Gewässerverunreinigungen durch Tierarzneimittel-Wirkstoffe sowie ihrer Zwischen- und Abbauprodukte ist immer noch weitgehend unbekannt. Das betrifft auch das Ausmaß der Schäden für Natur und Umwelt. Der Einsatz von Antibiotika in der intensiven Nutztierhaltung begünstigt zudem die Resistenzentwicklung und Ausbreitung von Bakterienstämmen mit Resistenzen. Das ist ein immenses Problem für unsere Gesundheit.

Um die Umwelt vor gefährlichen Arzneimittelrückständen und Antibiotikaresistenzen aus der Massentierhaltung zu schützen, muss der Arzneimitteleinsatz weiter reduziert werden. Mangelhafte Haltungsbedingungen, Folgen extremer Hochleistungen und unzureichende Hygienestandards, die durch den Einsatz von Medikamenten kompensiert werden, dürfen nicht länger toleriert werden. Erforderlich ist ein Umsteuern bei den Zuchtzielen für Nutztiere auf Lebensleistung und Robustheit. Aufzucht und Haltung der Tiere müssen an die Bedürfnisse und das Verhalten der Tiere angepasst werden und nicht umgekehrt. Ausreichend Platz und Beschäftigung, Frischluft und Sonnenlicht verringern Stress, Frustration und gestörtes Verhalten wie Schwanzbeißen und Picken. Wenn die Bedürfnisse der Tiere befriedigt sind, wird auch das Wohlbefinden gesteigert und trägt auf natürliche Weise dazu bei, dass das Immunsystem der Tiere gestärkt wird. So sind die Tiere widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Arzneimittel werden deutlich weniger gebraucht. Das ist gut für die Tiere, die Umwelt und unsere Gesundheit.

Tageslicht, Frischluft und Auslauf - glückliche Schweine brauchen kaum Medikamente